Merkwürdiges Demokratieverständnis beim Bürgerentscheid zur Windkraftnutzung
Es ist ein eigenartiges Demokratieverständnis, das die Initiative Energiewende Otzberg beim Thema Bürgerentscheid zur Windkraftnutzung an den Tag legt. In den vergangenen Wochen hat der Arbeitskreis Energiewende Otzberg mit Unterstützung der Otzberger Grünen Unterschriften für einen Bürgerentscheid gesammelt. Die Frage lautet: "sind Sie dafür, dass die Gemeinde Otzberg im Bereich Märkerwald, Gemarkung Ober-Klingen gemeindeeigene Flächen für Windkraftnutzung ausweist?"
Ein Unterschriftensammler behauptet, dass man, wenn man nicht für einen Bürgerbefragung stimmen möchte, nicht für die Demokratie sei.
Doch wie demokratisch ist es, wenn circa Wahlberechtigte Otzberger aus allen Ortsteilen über eine Frage abstimmen, die in erster Linie nur rund 1900 Bürger der Ortsteile Ober-Klingen und Hering betrifft?
Wäre es nicht viel demokratischer, genau diese Bürger zu befragen, in deren Blickfeld und Hörweite die Anlagen gebaut werden sollen?
Bürger aus Habitzheim oder Lengfeld mögen stolz auf ihren freiwilligen Beitrag zum Ausbau der Windkraft sein, aber sie sind von diesem Bauvorhaben weder durch fallende Grundstücks- und Immobilienwerte noch durch Infraschall, Lärmbelästigung, Schattenschlag oder die Zerstörung ihres Naherholungsgebietes vor der Haustür betroffen.
Wie demokratisch ist es, über die Köpfe der am massivsten betroffenen Einwohner der Nachbargemeinden Hassenroth und Mummenroth zu entscheiden, ohne diese gemäß dem St. Floriansprinzip überhaupt zu fragen. Laut des der Unterschriftenliste beigefügten Plans soll der Abstand zur Wohnbebauung im benachbarten Weiler Mummenroth (andere Gemeinde und sogar anderer Kreis) nur 500 bis 700 Meter betragen. Ist das wirklich fair? Das ist St. Floriansprinzip pur.
Des weiteren ist die demokratische und tolerante Grundhaltung der Initiatoren fraglich, wenn Passanten bei der Unterschriftensammlung für ihre Bedenken hinsichtlich des Schutzes von Wald und Natur herablassend behandelt werden, zum Beispiel indem ihnen für alle hörbar ein "beschissenes Wochenende" (Zitat) gewünscht wird.
Otzberg-Boten, 22.02.2024
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